Grundrechtliche Ansprüche an den Service Public: Am Beispiel der italienischen Abfallkrise
Zusammenfassung
Umweltschutzrechtliche Probleme grösseren Ausmasses können eine menschenrechtliche Dimension annehmen. Das hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte im Urteil zur italienischen Abfallkrise einmal mehr deutlich gemacht. Er stellte eine Verletzung von Art. 8 EMRK fest (Recht auf Privat- und Familienleben). Das Urteil ist aus mehreren Gründen von Bedeutung. Erstens anerkannte der Gerichtshof die Opfereigenschaft der Anwohner, obwohl kein Schaden (im Sinne einer gesundheitlichen Beeinträchtigung oder eines Umweltschadens) nachgewiesen werden konnte. Zweitens qualifizierte der Gerichtshof die Abfallentsorgung als gefährliche Tätigkeit. Drittens betonte der Gerichtshof die positiven Handlungspflichten der staatlichen Behörden, die sich aus Art. 8 EMRK ergeben. Die wichtigste Konsequenz aus diesem Urteil besteht darin, dass der Staat aufgrund der EMRK verpflichtet ist, einen reibungslosen Ablauf der Abfallbewirtschaftung sicherzustellen, auch wenn…
Zeitschrift URP
URP 2012 831
Publikationsart
Redaktioneller Beitrag